Baulehre
1919–1933
Die Baulehre war von Anfang an das höchste Ziel der Ausbildung am Bauhaus. Jedoch konnte erst 1927 in Dessau eine eigene Architekturabteilung eingerichtet werden. Zuvor wirkten Studierende an Projekten im privaten Baubüro Gropius mit.
Meister und Lehrende
Walter Gropius
Adolf Meyer
Hannes Meyer
Hans Wittwer
Ludwig Mies van der Rohe
Ludwig Hilberseimer
Friedrich Engemann
Headline
„Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau“ war schon 1919 im Programm des Bauhauses zu lesen. Eine reguläre Architektenausbildung konnte aber erst ab 1927 aufgebaut werden. Bis dahin sammelten Studierende architektonische Erfahrungen im privaten Baubüro von Walter Gropius. Gropius und Adolf Meyer gaben Kurse zur architektonischen Gestaltung und organisierten Entwurfsseminare in Kooperation mit der Baugewerkenschule in Weimar. Über das Büro Gropius wurden alle Bauhaus-Werkstätten in die Ausgestaltung der Bauten einbezogen, angefangen beim Haus Sommerfeld in Berlin 1920–1921 über den Umbau des Stadttheaters in Jena 1921–1922 bis zum Musterhaus Am Horn in Weimar 1923. Pläne für eine Bauhaus-Siedlung blieben in Weimar wegen der schwierigen Wirtschaftslage unrealisiert. Man entwarf mit zum Teil neuen, auf Typisierung und Normierung orientierten Methoden nicht nur neue Architektur, sondern gleichzeitig eine neue Lebensweise.
Die im Büro Gropius entworfenen und ab 1925 realisierten Bauten – allen voran das Bauhaus-Gebäude und die Häuser für die Bauhausmeister – prägten das Bild der Dessauer Jahre. Walter Gropius bot 1927 dem Schweizer Architekten Hannes Meyer an, die Architekturlehre zu übernehmen. Meyer begann im selben Jahr mit dem Aufbau seiner Lehre, die alle dazugehörigen Fächer – Bauzeichnen, Entwurf, Konstruktion, Projektierung, Stadtplanung – vereinte. Für Walter Gropius wie für Hannes Meyer bedeutete Architektur wesentlich „Gestaltung von Lebensvorgängen“.
Headline
Meyer ging über die für ihn zu sehr auf den Gegenstand fixierte „Wesensforschung“ von Gropius hinaus. Mit wissenschaftlichen Methoden ließ er die Lebensgewohnheiten der zukünftigen Bewohner einer Siedlung oder eines Hauses untersuchen und bezog biologische und klimatische Standortuntersuchungen in den Entwurfsprozess ein. Beim Entwurf und der Realisierung von Bauten wie etwa den Laubenganghäusern in Dessau oder der Bundesschule des ADGB in Bernau bei Berlin arbeiteten Studierende verschiedener Studienjahre in den sogenannten „vertikalen Brigaden“ zusammen. In der Architekturabteilung unterrichteten Carl Fieger, der Ingenieur Friedrich Köhn, Hans Wittwer, Ludwig Hilberseimer, Anton Brenner, Alcar Rudelt und Mart Stam.
Der dritte Bauhaus-Direktor Ludwig Mies van der Rohe straffte den Unterricht zu einem kursähnlichen System, das kaum noch Spielraum für Experimente bot. An das Bauhaus kamen nun vorwiegend Studierende mit Vorbildung, das Bauhaus wurde eine „Hochschule für das Zweitstudium“. Mies van der Rohes Unterricht stellte den Entwurf von Einzelhäusern in den Vordergrund, deren Gestalt nicht von Gropius’scher „Wesensforschung“ und der Befriedigung von „Volksbedarf“ (Hannes Meyer) geprägt wurde, sondern in ästhetisch vollendeter Weise der „räumliche Vollzug geistiger Entscheidungen“ (Mies van der Rohe) sein sollte.