Ernst Neufert

1922–1925 Bauleiter im privaten Baubüro Gropius

Porträt Ernst Neufert, Autor: Gyula Pap, 1930.
Porträt Ernst Neufert, Autor: Gyula Pap, 1930. © Bauhaus-Archiv Berlin / VG Bild-Kunst, Bonn 2020.
  • Geboren 15.3.1900 Freyburg an der Unstrut, Provinz Sachsen (Deutsches Reich) | Deutschland
  • Verstorben 23.2.1986 Rolle (Kanton Waadt), Schweiz

  • Ehe mit Alice Spies-Neufert

  • Tätigkeiten Architekt, Autor

Ernst Neufert begann 1914 eine Lehre als Maurer, die er mit der Gesellenprüfung abschloss. 1918 folgten das Examen an der Baugewerkenschule in Weimar und Arbeiten für die Firma Hannack & Ludwig in Magdeburg. Als das Bauhaus 1919 in Weimar eröffnet wurde, trat Neufert als einer der ersten Studenten ein. Von Beginn an bis zum Wintersemester 1920 war er auch als Mitarbeiter im privaten Baubüro von Walter Gropius und Adolf Meyer tätig. Beurlaubt für das Sommersemester 1921, reiste Neufert mit zwei weiteren Bauhäuslern zu einem Studienaufenthalt nach Spanien. Hier kam es zu einer prägenden Begegnung mit Antoni Gaudí und einer Beschäftigung im Baubüro Ricardo Magdalenas. Von 1922 bis 1925 wirkte Ernst Neufert als Bauleiter für Walter Gropius. In diese Zeit fielen so bedeutende Projekte wie der Umbau des Jenaer Stadttheaters, der Ausbau der Fagus-Werke in Alfeld a. d. Leine sowie die Errichtung des Bauhausgebäudes und der Meisterhäuser in Dessau.
Otto Bartning berief Neufert 1926 als Leiter der Bauabteilung und später als stellvertretenden Direktor an die Staatliche Bauhochschule nach Weimar zurück. Im Anschluss übernahm Neufert ein Lehramt an der privaten Itten-Schule in Berlin. Parallel dazu war er bis 1933 auch als freier Architekt tätig. Das Jahr der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten war für ihn durch zahlreiche Auslandsaufenthalte geprägt, aus denen verschiedene Publikationen resultierten. 1936 reiste er in die USA, um Kontakt zu Frank Lloyd Wright aufzunehmen und die Möglichkeiten einer eventuellen Emigration bzw. seine Chancen auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt zu sondieren. Im selben Jahr erhielt er seine Wiederzulassung und wurde Hausarchitekt der Vereinigten Lausitzer Glaswerke – ein Amt, das er bis 1945 ausübte. Ab 1938 arbeitete Neufert mit Albert Speer, Hitlers Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt, zusammen. Er wurde zum Beauftragten für Typisierung, Normung und Rationalisierung des Berliner Wohnungsbaus ernannt und war ab 1944 an den Planungen für den Wiederaufbau der kriegszerstörten Städte beteiligt. Die Mehrzahl der damals veröffentlichten Publikationen Neuferts wurde von Speer herausgegeben. 1945 wurde Ernst Neufert als Professor für Baukunst an die Technische Hochschule Darmstadt berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung 1965 lehrte. Darüber hinaus setzte er seine Karriere als freier Architekt – unter anderem als Hausarchitekt für die Dyckerhoff-Portland-Zementwerke – und Autor von Fachbüchern fort.
Die 1936 erstmals veröffentlichte „Bauentwurfslehre“ ist Neuferts einflussreichstes Werk. Bis heute erschien sie allein in Deutschland mehrfach aktualisiert in 39 Auflagen. Ihre praktische Ergänzung erfuhr sie mit der zuerst 1943 publizierten „Bauordnungslehre“. Zu den wichtigsten praktischen Arbeiten des vor allem für seine Industriebauten berühmten Architekten zählen außer dem Abbeanum und dem Studentenhaus in Jena (1929–1930) das Ledigenwohnheim auf der Mathildenhöhe in Darmstadt (1952–1955), das Hauptwerk der Firma Eternit in Leimen (1954–1960) sowie das Versandhaus Quelle in Nürnberg (1955–1958).
Neben verschiedenen anderen Auszeichnungen erhielt Ernst Neufert 1965 das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

  1. Literatur:
  2. · Fritz Gotthelf (1960): Ernst Neufert. Ein Architekt unserer Zeit, Berlin, Frankfurt am Main, Wien.
    · Joachim P. Heymann-Berg, Renate Netter, Helmut Netter (1973): Ernst Neufert. Industriebauten, Wiesbaden, Berlin.
    · Dörte Nicolaisen (1996): Das andere Bauhaus. Otto Bartning und die Staatliche Bauhochschule Weimar 1926-1930, Berlin.
    · Walter Prigge (1999): Ernst Neufert. Normierte Baukultur im 20. Jahrhundert, Edition Bauhaus, Bd. 5, Frankfurt am Main/New York.
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