Um etliche Ideen reicher
Ein Blick aufs Bauhausjahr
Nur noch ein paar Wochen und dann ist es Vergangenheit, das große Bauhausfest, das uns zwölf Monate lang bewegt hat. Mit dem Jahreswechsel endet das Jubiläum. Was bleibt? Wir haben Annemarie Jaeggi, die Direktorin des Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung in Berlin, Claudia Perren, die Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau, und Wolfgang Holler, den Generaldirektor Museen der Klassik Stiftung Weimar, um eine Einschätzung gebeten.
Annemarie Jaeggi, Direktorin Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung, Berlin
Hunderte von Veranstaltungen im In- und Ausland haben im 100. Gründungsjahr des Bauhauses neue Perspektiven eröffnet und den unterschiedlichen Facetten, aber auch den Paradoxien der Gestaltungsschule nachgespürt. Mit der dezentralen Ausrichtung des Jubiläums wollten wir die Vielstimmigkeit befördern – kritisch, mit historischem, sozialem oder ästhetischem Interesse, lokal und international haben sich Ausstellungen, Symposien, Forschungsprojekte mit den Ideen des Bauhauses auseinandergesetzt. Wir als Bauhaus-Archiv hatten im Jubiläumsjahr die Möglichkeit, mit unserer Jubiläumsausstellung „original bauhaus“ in der Berlinischen Galerie zu erproben, wie wir unser künftiges erweitertes Museum bespielen möchten. Am Ende des Jubiläumsjahres stehen wir vor neuen Aufgaben, um etliche Ideen reicher.
Claudia Perren, Direktorin und Vorstand der Stiftung Bauhaus Dessau
„Das Bauhaus ist für mich lebendig und damals wie heute heiß umkämpft. Es war eine Schule in einer Umbruchszeit, die sich in einem internationalen Netzwerk bewegt hat. Das Bauhaus-Jubiläum hat 100 Jahre später viele verschiedene Zugänge zum Bauhaus eröffnet, hat es einer kritischen Revision unterzogen, seine Rezeption in Ost und West debattiert, seine Ambivalenzen aufgezeigt, sein Selbstverständnis weiter erforscht, andere Perspektiven gefunden und ausgiebig gefeiert. Und solange wir im Alltag, in der Wissenschaft aber auch in der Praxis von Kunst, Design und Architektur das Bauhaus nicht nur historisch ansehen, sondern gesellschaftlich vergegenwärtigen, wird es auch zukünftig lebendig bleiben. Ein Jubiläum ist immer ein Gemeinschaftswerk. Ich bedanke mich bei allen, die das Bauhaus-Jubiläum auf den Weg gebracht haben, es unterstützt, geplant und realisiert haben!“
Wolfgang Holler, Generaldirektor Museen der Klassik Stiftung Weimar
„Wohl niemand hätte gedacht, dass das Bauhausjubiläum 2019 ein solcher Erfolg werden würde. Schon der Jahresauftakt mit der Festwoche in der Akademie der Künste zu Berlin unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten war fulminant. Die große internationale Ausstellungstournee ‚Imaginista‘, die bereits 2018 begonnen hatte und mit der Ausstellung im Haus der Kulturen der Welt ihren Höhepunkt fand, zeigte eindrucksvoll die weltweite Vernetzung des Bauhauses. In Weimar und Dessau wurden endlich die lange geplanten Bauhaus-Museen eröffnet. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass sie allein in diesem Jahr hunderttausende Besucher anziehen. Wer die anspruchsvolle Website ‚bauhaus100‘ zum Jubiläum aufruft, kann sehen und lesen, wie unglaublich vielfältig das Programm deutschlandweit ist und erfährt, wie enorm das Echo in allen Medien ist. Bauhaus allenthalben könnte man meinen. Aber die Organisatoren des Jubiläums haben von vorneherein deutlich gemacht, dass das Jahr nicht der unreflektierten Beweihräucherung dient, sondern der Verortung des Bauhauses im kritischen Spannungsfeld der Moderne – mit allen Licht- und Schattenseiten.“