Bildnis der Geliebten
Walter Peterhans, 1929
headline
Ohne den sinnstiftenden Titel „Bildnis der Geliebten” würde der Betrachter ein meisterhaft fotografiertes, raffiniert auf dem Boden einer Keramikschale angeordnetes Stillleben mit deutlich femininer Ausstrahlung bewundern. Die Bezeichnung löst das Werk jedoch aus der Dingwelt und setzt eine Flut von Assoziationen frei, die in der Verbindung der verschiedenen Komponenten das Wesen des Weiblichen schlechthin und eine intime Kenntnis desselben erkennen lassen. Mit einer ausgefeilten Lichtregie betont Peterhans die spezifischen Materialeigenschaften der Gestaltungselemente, sodass die an eine Brust gemahnende umgedrehte Keramikschale prall, das Engelshaar besonders seidig, der metallische Weihnachtsschmuck glamourös, aber stachelig, und die Spitze aus Tüll steif und kratzig wirkt.
[AG 2015]
- Literatur:
- Sachsse, Rolf (2009): Allegorische Dingmagie und perfektes Handwerk. Der Fotograf Walter Peterhans, in: Modell Bauhaus, hg. v. Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung, Stiftung Bauhaus Dessau und Klassik Stiftung Weimar, Ausstellungskatalog, Ostfildern, S. 269-272.
- Graeve, Inka (1993): Vom Wesen der Dinge. Zu Leben und Werk Walter Peterhans’, in: Walter Peterhans. Fotografien 1927–1938, hg. v. Fotografische Sammlung im Museum Folkwang, Essen, S. 6-22.