Wirkungsgeschichte der Bauhaus-Ideen
ab 1933
Es gehört zu den Besonderheiten des Bauhauses, dass es ganz unterschiedliche internationale Strömungen in sich bündelte. Die Bauhaus-Ideen wirkten weit über das Bestehen der Schule hinaus – vor allem durch das Wirken ihrer Lehrer und Schüler, durch bestehende und neue Netzwerke im In- und Ausland.
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Es gehört zu den Besonderheiten des Bauhauses, dass es ganz unterschiedliche internationale Strömungen in sich bündelte und sich auf Grund der erzwungenen Migration in ständig veränderten Kontexten neu erfinden musste. Die vielleicht intensivste Vermittlung und Weitergabe aus dem Bauhaus kommender Ideen geschah durch das Wirken ehemaliger Lehrer und Schüler im nationalen wie internationalen Raum, durch Weiterbestehen und Knüpfen neuer Netzwerke, auch schon vor der Schließung 1933.
Europa
1925 ging Gerhard Marcks zur Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein in Halle. Oskar Schlemmer lehrte ab 1929 an der Breslauer Akademie, Paul Klee ab 1932 an der Kunstakademie in Düsseldorf. An der Weimarer Bauhochschule, der direkten Nachfolgerin des Bauhauses, gehörten Bauhäusler wie Ernst Neufert, Erich Dieckmann oder Wilhelm Wagenfeld zum Lehrerkollegium. Im Jahre 1926 gründete der Bauhäusler Sándor Bortnyik die „Mühely“ (Werkstatt), auch „das ungarische Bauhaus“ genannt.
Der Schließung des Bauhauses 1933 folgte auch die Eingliederung moderner Gestaltungsweisen und Planungsmethoden in das eklektizistische Kulturkonzept der Nationalsozialisten. Beispiele für diese „Bauhaus-Moderne im Nationalsozialismus“ (Winfried Nerdinger) finden sich u. a. im Schaffen von Herbert Bayer, Wilhelm Wagenfeld oder Ernst Neufert.
Amerika
Mit der Auswanderung zahlreicher Mitglieder des Bauhauses wurde die Bauhaus-Idee in andere Kulturkreise verpflanzt, und unter den neuen Bedingungen veränderten sich Inhalte und Ausdrucksformen. In die Vereinigten Staaten von Amerika emigrierten Josef und Anni Albers, Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe, Marcel Breuer, Ludwig Hilberseimer, Walter Peterhans und Herbert Bayer. 1937 kam es zur Gründung des New Bauhaus in Chicago durch László Moholy-Nagy. Walter Gropius und vor allem Ludwig Mies van der Rohe wurden zu wichtigen und einflussreichen Architekten in den Vereinigten Staaten von Amerika. Viele Ideen aus Amerika – Fords Rationalisierungsprinzipien, mit dem Jazz verbundene Lebensstile, Stahlskelettbauten, die Architektur Frank Lloyd Wrights – waren schon in den 1920er-Jahren unter dem Titel „Amerikanismus” nicht nur am Bauhaus einflussreich gewesen, sodass man in Hinblick auf die Rezeption des Bauhauses in den Vereinigten Staaten von Amerika von einer weitgehenden Verschmelzung mit vorgefundenen Konzepten und Mustern sprechen kann.
Sowjetunion
Ein wesentlich kürzeres und vor allem tragisches Kapitel des Wirkens des Bauhauses ist das Schicksal von Hannes Meyer und einer Gruppe seiner Schüler in der Sowjetunion, insbesondere in der Zeit von 1930 bis 1937. Sie erhofften sich, am Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft mitwirken zu können und arbeiteten bis zum Einsetzen des stalinistischen Terrors Mitte der 1930er-Jahre an städtebaulichen und architektonischen Aufgaben. Viele Mitglieder der in der UdSSR verbliebenen Baubrigaden opferten nach 1932 das Konzept der Moderne zugunsten eines sozialistischen Klassizismus, einige wurden ermordet oder kamen in die Gefangenenlager des Gulag.
Anderswo
In den östlichen Ländern des Mittelmeers setzte im Zuge der Modernisierung (Türkei unter Atatürk) und der Siedlerbewegung (Palästina) seit den 1920er-Jahren eine Fusion nordeuropäischer Ideen, von denen einige wesentliche aus dem Bauhaus stammen, mit mediterranen Formen ein (u. a. Arieh Sharon in Israel). Eine spezifische Rezeption des Bauhauses, die sich aber nur selten auf Architektur- und Designentwürfe auswirkte, ist etwa für Japan (durch japanische Studierende des Bauhauses) und Mexiko (das Exil von Hannes Meyer in den 1940er-Jahren) belegt.
HfG Ulm
Nach 1945 haben ehemalige Bauhäusler in beiden deutschen Staaten eine große Rolle gespielt. Für die Bundesrepublik ist – neben dem Wirken von Otto Lindig, Gerhard Marcks, Kurt Kranz oder Hannes Neuner an Werkkunst- und anderen Schulen – das herausragende Beispiel die Hochschule für Gestaltung (HfG) in Ulm, die 1953 ihre Arbeit begann und bis 1968 existierte (Max Bill und andere).
DDR
Die Nachkriegszeit ermöglichte zunächst auch in der späteren DDR das Anknüpfen an Bauhaus-Konzepte, auch an Architektur- und Gestaltungshochschulen. Ehemalige Bauhäusler saßen an einflussreichen Stellen. Nach der gegen das Bauhaus gerichteten Formalismus-Diskussion ab 1950 wurde das Bauhaus ab den späten 1960er-Jahren wieder ein wichtiger Bezugspunkt. In der DDR lebten und wirkten u. a. die Bauhäusler Peter Keler, Marianne Brandt, Selman Selmanagić, Richard Paulick, Hajo Rose und Walter Funkat.
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