Martha Erps-Breuer

1922–1925 Studierende am Bauhaus

  • Geboren 29.9.1902 Frankfurt am Main, Provinz Hessen-Nassau (Deutsches Reich) | Deutschland
  • Verstorben 14.6.1977 São Paulo, Brasilien

  • Geburtsname Martha Erps


  • Tätigkeiten Biologin, Weberin

Martha Erps wurde am 29. September 1902 in Frankfurt am Main geboren. Ab 1922 studierte sie am Bauhaus Weimar in der Webereiwerkstatt bei Georg Muche. 1923 war sie mit einer Arbeit im Musterhaus der Bauhaus-Ausstellung vertreten: Im von Muche entworfenen Haus Am Horn lag ein Smyrnateppich von ihr im Wohnzimmer aus. Der 4 x 4 Meter große gemusterte Teppich ging mit einem Großteil der Inneneinrichtung im Zweiten Weltkrieg verloren, weshalb über dessen Farbgebung heute leider nichts bekannt ist.
Im Frühjahr 1925 reist Erps nach Brasilien, um ihren Bruder Ludwig zu besuchen, der nach dem Ersten Weltkrieg dorthin ausgewandert war. Das Leben auf der im Regenwald etwa 135 Kilometer südlich von São Paulo gelegenen kleinen Farm faszinierte sie. Im Sommer 1926 kehrte sie nach Frankfurt zurück, um kurz darauf in Paris ihren ehemaligen Bauhaus-Kommilitonen und zu dem Zeitpunkt Bauhaus-Jungmeister Marcel Breuer zu heiraten. Doch die Ehe sollte nur von kurzer Dauer sein. Einige Jahre später zog es Erps-Breuer erneut nach Brasilien, während Breuer in die USA übersiedelte, Professor in Harvard wurde und zu einem der einflussreichsten Architekten und Möbeldesigner des 20. Jahrhunderts werden sollte.
Erps-Breuer lebte und arbeitete einige Jahre auf der Bananenplantage ihres Bruders und zog im Jahr 1932 schließlich nach São Paulo. Dort hatte sie Gelegenheit, ihre am Bauhaus erlernten künstlerischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Sie fertigte Zeichnungen von zytologischen und histologischen Präparaten in einem privaten Forschungsinstitut an, das von zwei renommierten Ärzten, Antonio Carini und Archimede Bussaca, für die Herstellung und den Handel mit Medikamenten und Impfstoffen gegründet worden war. Dank der Arbeit mit diesen Wissenschaftlern lernte sie Professor André Dreyfus kennen und wurde bald darauf seine Laborantin und Zeichnerin an der Escola Paulista de Medicina und ab 1935 Laborantin in der neu gegründeten Faculdade de Filosofia, Letras e Ciências Humanas da Universidade de São Paulo. In dieser Zeit zeichnete sie nicht nur, sondern arbeitet im Privaten auch an Skulpturen, Holzschnitzereien, Wandbehängen und Malerei.
Im Frühjahr 1936 kehrte sie nochmal für ein halbes Jahr nach Europa zurück, um sich auf histologische Präparate und Gewebekulturen zu spezialisieren. Nach ihrer Rückkehr nach Brasilien wurde sie Partnerin von Dreyfus, bis dieser am 16. Februar 1952 im Alter von 54 Jahren verstarb. Erps-Breuer arbeitete im Anschluss mit Crodowaldo Pavan zusammen. Sie verfügte über ein großes handwerkliches Geschick, technische Kreativität, genaue Beobachtungsgabe, Hingabe und Forschungsinteresse. Darüber hinaus machten ihre Sensibilität und ihre Fähigkeit, die beobachtete Mikrowelt in Tuschezeichnungen wiederzugeben, sie zu einer außergewöhnlichen Technikerin und Wissenschaftlerin. 1952 war eine ihrer Zeichnungen auf der Titelseite des „Journal of Heredity“ abgebildet. Sie veröffentlichte im Laufe ihrer 28-jährigen Karriere als Wissenschaftlerin 20 Arbeiten, vier davon im Eigenverlag, die sowohl technische als auch künstlerische Perfektion vereinten. Ihr Forschungsschwerpunkt waren zwei Fliegenarten. Die Ergebnisse dieser Arbeiten galten als grundlegend für die Entwicklung der Zytogenetik. 1955 entdeckte sie die Fliegenart Rhynchosciara baschanti, die sie nach ihrem im selben Jahr verstorbenen Bauhaus-Kommilitonen Rudolf Baschant benannte.
Auch nach ihrer Pensionierung im Frühjahr 1966 war sie weiterhin in ihrem Labor anzutreffen, bis sie 1971 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr kommen konnte. Über ein Jahrzehnt hinweg legte sie täglich die Strecke zwischen dem von ihr selbst entworfenen Haus im Bezirk Jardim Petrópolis im Süden der Stadt und ihrem Arbeitsplatz mit einem grauen Volkswagen zurück, den ihr Marcel Breuer in den fünfziger Jahren geschenkt hatte.
Martha Erps-Breuer verstarb am 14. Juni 1977 im Alter von 74 Jahren und wurde auf dem Friedhof Consolação in der Innenstadt von São Paulo beigesetzt. [IS 2022]

  1. Literatur:
  2. · Droste, Margarete im Auftrag des Bauhaus-Archiv (Hg.) (1987): Gunta Stölzl, Weberei am Bauhaus und aus eigener Werkstatt, Berlin, S. 149.
    · „Erps-Breuer, Martha“ aus der Datenbank der Forschungsstelle für Biografien ehemaliger Bauhaus-Angehöriger (BeBA), https://bauhaus.community/person/136, 21.6.2021.
    · Rössler, Patrick (2019): Bauhaus Mädels. A Tribute to Pioneering Women Artists, Köln, S. 215.
    · Vilela, Carlos; Cunha, Antonio (2006): On Marta Breuer and some of her unpublished drawings of Drosophila spp. male terminalia (Diptera, Drosophilidae), in: Genetics and Molecular Biology 29, doi: 10.1590/S1415-47572006000300032, 21.6.2021.
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