Liederhalle Stuttgart
Die Liederhalle in Stuttgart ist einer der außergewöhnlichsten Kulturbauten der 1950er-Jahre und zählt zu den bekanntesten Gebäuden der Nachkriegsarchitektur in Deutschland. 1955/56 realisierte der Architekt und Anthroposoph Rolf Gutbrod die asymmetrische Anlage gemeinsam mit Adolf Abel, der in den 1920er-Jahren unter Paul Bonatz gearbeitet hatte. 1991 erweiterte Gutbrods ehemaliger Mitarbeiter Wolfgang Henning die aus drei Hauptsälen bestehende Liederhalle um zwei weitere Säle zu einem Kultur- und Kongresszentrum.
Schon im Jahre 1864 hatte der Gesangsverein „Stuttgarter Liederkranz“ im Stadtzentrum eine Spielstätte errichtet, die im Zweiten Weltkrieg jedoch zerstört wurde. Aus dem 1949 ausgeschriebenen Wettbewerb für einen Neubau gingen Gutbrod und Abel als Sieger hervor. Ihr ungewöhnlicher, vielseitiger und künstlerischer Entwurf verbindet Elemente des Expressionismus mit einer organischen Architektursprache. Die Liederhalle ist geprägt von einem kontrastreichen Wechsel von runden und linearen Formen, einem Nebeneinander unterschiedlicher Baukörper und einem fantasievollen Materialmix. Dieser spielerische Eklektizismus bricht einerseits mit dem nüchternen Funktionalismus der Neuen Sachlichkeit, andererseits mit den Monumentalbauten der Nationalsozialisten.
Der Beethovensaal ist der hoch aufragende Blickfang des Bauensembles. Seine gekrümmten Außenwände aus Sichtbeton bilden einen Kontrast zum rechteckigen Silcher-Saal mit Klinkerfassade. Der fünfeckige Mozart-Saal an der Südwestecke ist mit einer schmuckvollen Mosaikfassade des Münchener Künstlers Blasius Spreng verziert. Ein zentrales, großzügiges Foyer verbindet alle drei Säle miteinander.
Innen nehmen die Säle die gestalterischen Motive der Außenwände wieder auf. So finden sich Sprengs Mosaikplatten aus Quarzitsteinen auch an den Wänden und Fußböden wieder. Spielerische Details wie ein Lichtbrunnen, Freitreppen und fließende Übergänge zwischen den verschiedenen Ebenen führen Gutbrods und Abels kunstreiche Komposition konsequent auch im Gebäudeinneren fort.
Der Erweiterungsbau von Wolfgang Henning mit Hegel- und Schillersaal fügt sich stilistisch harmonisch an das denkmalgeschützte Hauptgebäude an. Das Ensemble ist Dreh- und Angelpunkt des Stuttgarter Kultur- und Kongressbetriebs. [KM]