Milchbar im Höhenpark Killesberg
Die Milchbar im Höhenpark Killesberg verkörpert die Umbrüche der unmittelbaren Nachkriegszeit mit einer neuen Architektursprache. Der Stuttgarter Architekt Rolf Gutbrod entwarf das Gebäude für die Deutsche Gartenschau. Mit ihrer Eröffnung 1950 wurde gleichzeitig der Wiederaufbau des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Park- und Freizeitareals auf dem Killesberg gefeiert. Die Gartenschau markierte so einen hoffnungsvollen Neubeginn nach langen Jahren der Entbehrung. Diese Impulse spiegeln sich in Gutbrods Entwurf wider: Die Milchbar ist ein einzigartiges und richtungsgebendes Beispiel für eine neue Nachkriegsarchitektur der Leichtigkeit, des Aufbruchs und der Improvisation.
Mit der Realisierung der Milchbar wurde Stuttgart nicht nur zum Standort für Gartenkunst, sondern wiederholt zum Schauplatz der Architekturgeschichte: Der Killesberg ist unweit der Weissenhof- und der Kochenhofsiedlung, die einerseits repräsentativ für die Architektur des Bauhauses und andererseits für den Traditionalismus der Stuttgarter Schule sind.
Eine filigrane Fassade aus Glas und leuchtend blaue Streben aus Stahl, ein Mauerwerk aus traditionellem Natursandstein, eine große steinerne Freitreppe und ein leichtes Dach, das asymmetrisch versetzt über einer großen, einladenden Terrasse vorkragt: Dies sind die ersten Merkmale, die bei einem Besuch der verwinkelten Milchbar ins Auge springen. Die versetzten, ineinanderfließenden Ebenen und Dachflächen ermöglichen eine kreative und offene Innengestaltung. Sie betten das Gebäude auch raffiniert in die Hanglage ein und eröffnen eine freie Sicht auf die idyllische Parklandschaft.
Gutbrod, der mit der Liederhalle in Stuttgart später ein weiteres außergewöhnliches Zeugnis der Nachkriegsarchitektur schaffen sollte, gelang mit der Milchbar ein zeitloses, einladendes Gebäude, das Parkbesuchern auch heute noch zur Erholung und Erbauung dient. Das denkmalgeschützte und sanierte Gebäude ist ein beliebter Veranstaltungs- und Freizeitort und wird vielseitig genutzt. [KM]