Gebäude der Kunsthochschule Weimar

Henry van de Velde, um 1911

In den Jahren zwischen 1904 und 1911 gab der Belgier Henry van de Velde den Weimarer Kunstschulbauten ihr bekanntes Gesicht. Hier hatte das Bauhaus von 1919 bis 1925 seinen Sitz. 1926 bis 1930 führte Otto Bartning hier die erste reguläre Architekturausbildung an der Bauhochschule ein.

Klassik Stiftung Weimar / VG Bild-Kunst, Bonn 2017
Gebäude der Kunsthochschule Weimar, Architektur: Henry van de Velde / Foto: Louis Held, um 1911.

Text

Der imposante Atelierbau für die 1860 gegründete „Großherzoglich-sächsische Kunstschule Weimar“ wurde nach Plänen von Henry van de Velde in zwei Bauphasen errichtet. Ursprünglich stand an dieser Stelle ein bescheidener Fachwerkbau, in dem sich die Räume der Kunstschule befanden und der allgemein als „Kunstscheune“ bekannt war. Dieser wurde 1904 zunächst um einen Ostabschnitt mit Südflügel ergänzt. 1905 bis 1906 folgte gegenüber der Kunstschule ein Neubau für die von van de Velde geleitete „Großherzoglich-Sächsische Kunstgewerbeschule Weimar“.

Nach diesem ersten Bauabschnitt musste lange um den weiteren Ausbau der Kunstschule gerungen werden. Erst am 12. Juni 1911 wurde dieser genehmigt und die Bausumme von 232.000,00 Mark bereitgestellt. Der alte Fachwerkbau wurde abgerissen und an seiner Stelle der Mittel- und Westteil mit seinen charakteristischen großflächigen Atelierfenstern errichtet.

1919 vereinte Walter Gropius die Kunstschule und die ehemalige Kunstgewerbeschule zum Staatlichen Bauhaus Weimar, das bis 1925 seinen Sitz in den van de Velde Bauten hatte. Auch einige der ehemaligen Kunstschulprofessoren lehrten anfänglich am Bauhaus. Ihre traditionell gesinnte Kunstauffassung war mit der neuen Lehre des Bauhauses schwer vereinbar. Schließlich spalteten sie sich 1921 ab und gründeten eine eigene Kunstschule mit Sitz im selben Gebäude.

1923 waren die van de Velde-Bauten zentraler Ausstellungsort der großen Bauhaus-Ausstellung. Dafür gestaltete der Bauhäusler Joost Schmidt im Vestibül des Kunstschulgebäudes eine raumgreifende plastische Komposition, Herbert Bayer realisierte die Ausmalung des Nebentreppenhauses und Walter Gropius zeigte mit dem Direktorenzimmer „eine Raumgestaltung, die als Ideallösung über das Gestaltungskonzept des Bauhauses Auskunft geben konnte und mit ihren Einrichtungsgegenständen von der Leistungsfähigkeit seine Schule sprach“, so Hans-Jürgen Winkler. Ein weiterer Höhepunkt war die Ausstellung „Internationale Architektur“.

Im Jahr darauf wurden durch die Thüringische Regierung die Verträge der Bauhaus-Meister zum 31. März 1925 gekündigt. Anfänglich sollte das Bauhaus danach in eine Kunstgewerbeschule umgewandelt werden, um die Thüringer Handwerkskunst wieder stärker zu fördern. Doch man entschloss sich, die Schule in abgewandelter Form fortzuführen. Im Januar 1925 nahm das Volksbildungsministerium für den Aufbau einer Nachfolgeeinrichtung Kontakt zu Otto Bartning auf. Dieser hatte schon 1918 im Arbeitsrat für Kunst einen „Unterrichtsplan für Architektur und bildende Künste auf der Grundlage des Handwerks“ vorgelegt und mit Gropius weiterentwickelt, der als eine er Säulen der Bauhaus-Programms gilt. Für die Nachfolgeeinrichtung des Bauhauses strebte Bartning eine Annäherung von Handwerk und Technik an und ihr Zusammenführen im Bauen. Am 19. April 1926 wurde die neue „Staatliche Hochschule für Handwerk und Baukunst“ eröffnet, die Otto Bartning bis 1930 leitete. Neben den Werkstätten gab es nun auch erstmals eine reguläre Ausbildung für Architekten. Für die Lehre konnte Bartning mehrere Bauhäusler gewinnen, darunter Wilhelm Wagenfeld, Otto Lindig und Ernst Neufert, der die Leitung der Bauabteilung übernahm.

Unter einem neuen politischen Klima stand ab 1930 Paul Schultze-Naumburg der „Hochschule für Baukunst, bildende Künste und Handwerk“ als Direktor vor. Als überzeugter Nationalsozialist und einer der entschiedensten Gegner des Bauhauses sollte er wenig später maßgeblich an der Schließung des Bauhauses in Dessau beteiligt sein.

Das ehemalige Kunstschulgebäude von Henry van de Velde wird heute als Hauptgebäude der Bauhaus-Universität Weimar genutzt. Zusammen mit dem Haus am Horn, dem van de Velde-Bau und den Bauhaus-Bauten in Dessau wurde es 1996 zum UNESCO-Welterbe ernannt. Ein kurzer Abriss der bewegten Geschichte der Hochschule von 1860 bis heute ist auf der Seite der Bauhaus-Universität Weimar nachzulesen.

(NO 2018)

  1. Literatur:
  2. Korrek, Norbert (2002): Die Großherzoglich-Sächsische Kunstschule zu Weimar. Zur Planungs- und Baugeschichte. In Brannolte, Ulrich: Die Belebung des Stoffes durch die Form – Van de Veldes Kunstschulbau in Weimar, Weimar.
  3. Opitz, Silke, Hg. (2004): Kunstschulbauten in Weimar. Architektur und Ausstattung, Weimar. Nicolaisen, Dörte für das Bauhaus-Archiv Berlin (1996): Das andere Bauhaus. Otto Bartning und die Staatliche Bauhochschule Weimar 1926–1930, Berlin.
  4. Geschichte der Bauhaus-Universität (aufgerufen am 21.2.2018)
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