Vermittlung in den Weimarer Museen
Im Bauhaus-Museum Weimar und im Neuen Museum wird die Moderne erlebbar
Wie wird man Kämpfer*in für die Moderne? Was hat uns Hannes Meyer heute noch zu sagen? Und wie sitzt es sich eigentlich auf einem Breuer-Stuhl? Diese und viele weitere Fragen zur Geschichte und Wirkung der Moderne beantworten das Bauhaus-Museum und das Neue Museum in Weimar. Beide Museen, fußläufig von einander entfernt im neuen Weimarer Museumsquartier gelegen, eröffneten im April 2019 mit neuen Sammlungspräsentationen. Aus Anlass des 100-jährigen Gründungsjubiläums des Bauhauses wurde für das Bauhaus-Museum sogar ein Neubau errichtet.
Das Weimarer Museumsquartier
Über zwei Jahre entwickelten und testeten die Weimarer Bauhaus Agent*innen gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen neue Gestaltungs- und Vermittlungskonzepte. Hands-on-Stationen, Werkstätten und weitere interaktive Medien lassen die Agent*innenarbeit in den Museen nun sichtbar und erlebbar werden. Als Teil des Museumsteams begleiteten die Weimarer Bauhaus Agent*innen Maxi Götze, Valerie Stephanie und Johannes Siebler von Beginn an den Gestaltungsprozess beider Museen.
Mit dem Ziel, die Interessen zukünftiger Besucher*innen bestmöglich in den Prozess der Museumsentwicklung einzubeziehen, entwarfen die Weimarer Agent*innen in Zusammenarbeit mit Kindern, Jugendlichen und Pädagog*innen aus neun Partnerschulen der Region, mit Künstler*innen und Gestalter*innen sowie den Kurator*innen der beiden Museen Konzepte für die Besucher*innenorientierung, Inhalte für die verschiedenen Medien wie beispielsweise die App Bauhaus+ und erprobten neue Formate der Vermittlung.
Werkstätten als Orte der Begegnung
Die Verbindung von Kunst und Handwerk, das Experimentieren mit Materialien, Farben und Formen – damit löste das Bauhaus vor einhundert Jahren eine künstlerische Revolution aus. Dank der Bauhaus Agent*innen werden die Museumsräume nun auch zu aktiv benutzbaren Werkstätten und Orten der Begegnung. Erfahrungen haben die Agent*innen im Vorfeld mit der temporären "BAU"-Werkstatt gesammelt, welche im Rahmen der Projektarbeit entstand. Sie findet sich nun in neuer Form und als fester Bestandteil in den neuen Museen wieder.
Die drei Vermittlungswerkstätten bieten den Besucher*innen die Gelegenheit zum Mitmachen und Selbstgestalten. So lädt beispielsweise das "Buchwerk" im Neuen Museum dazu ein, in der Tradition von Otto-Dorfner Bücher zu binden und zu veredeln. Zusätzlich bietet die angrenzende pädagogische Werkstatt Raum für Workshops und Projekttage mit Schulen. Bei der Umsetzung wurden die Agent*innen vom Kurator*innenteam und der Buchbindewerkstatt der Herzogin Anna Amalia Bibliothek unterstützt.
Auch das "Werkcafé" im Neuen Museum lädt zum Gestalten ein. Die Kombination aus Café und Werkstatt bietet Raum, um diverse Handwerkstechniken kennenzulernen. In kleinen Kreativaufgaben, wie dem Stempeln von Postkarten, können sich die Besucher*innen ausprobieren. Das Konzept zum Café stammt von dem Gestalterduo NoBla und den Bauhaus Agent*innen, nach Ideen der Bauhaus-Agenten Schulen.
Im "Werklabor" im Bauhaus-Museum können Besucher*innen jeden Alters mit verschiedenen Materialien und digitalen Medien arbeiten. Zudem besteht das Angebot der gemeinsamen Gestaltung von Objekten mit Künstler*innen aus der Region. Jeden ersten Donnerstag eines Monats laden die Bauhaus Agent*innen zum Experimentieren ein. Gestaltet wurde das Werklabor von der Museumsarchitektin Heike Hanada.
Museum zum Anfassen: Hands-on-Stationen
Neben den Werkstätten vermitteln interaktive Hands-on-Stationen auf spielerische Art und Weise Ausstellungsinhalte. Als "Baukastenbauer" können Besucher*innen im Bauhaus-Museum mit Gropius' "Baukasten im Großen", den er in Weimar entwickelt und später zum Beispiel in der Dessauer Meisterhaussiedlung angewandt hat, ihre eigenen Haustypen aus seriellen Elementen entwickeln. Die Station "Baukastenbauer" ist das Ergebnis der Agentenarbeit mit dem Staatlichen Gymnasium Bergschule Apolda.
Im Neuen Museum vermitteln "Gemäldechecker" überraschende Einblicke in ausgestellte Kunstwerke. Beim "Elementereduzierer" werden die Museumsgäste zum "Kämpfer für die Moderne", in dem sie in einem interaktiven Spiel Möbel von überflüssigen Verzierungen befreien. Die Stationen vermitteln den Gestaltungs- und Erneuerungswillen, der schon vor dem Bauhaus mit Protagonisten wie Henry van de Velde und Harry Graf Kessler in Weimar präsent war.
Im letzten Raum der Ausstellung im Bauhaus-Museum werden die Zukunftsgedanken des zweiten Bauhaus-Direktors Hannes Meyer reflektiert, die er in seinem utopischen Text "die neue welt" (1926) zusammenfasste. Dieser Raum wurde von den Bauhaus-Agent*innen kuratiert. In Form einer Bodengrafik bilden ausgewählte Zitate aus dem Text die Basis für zwei Ausstellungsplattformen. Welche Möglichkeiten der Lebensgestaltung haben wir heute? Welche gesellschaftlichen Herausforderungen gilt es zu meistern? In wechselnden Rauminstallationen werden diese und weitere Fragen von diversen Kreativschaffenden, Vereinen sowie Bürger*innen verhandelt. Über reine Gestaltungsansätze hinaus werden mögliche Zukunftsansätze thematisiert. Das erste Zitat "gemeinschaft beherrscht das einzelwesen" eröffnet den gemeinsamen Dialog über die Zukunft. Hier flossen Projekte aus dem Bauhaus Agent*innen Programm wie "Weimar Matador" und diverse Audioproduktionen mit in die Konzeption ein.
Info
Bauhaus-Museum Weimar
Stéphane-Hessel-Platz 1, 99423 Weimar
Öffnungszeiten:
Mo 09.00 – 14.30 Uhr
Di bis So 09.00 – 18.00 Uhr
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Neues Museum Weimar
Jorge-Semrún-Platz 5, 99423 Weimar
Öffnungszeiten:
Mi bis Mo 10.00 – 18.00 Uhr
Di geschlossen
Lebendige Bauhaus-Geschichte(n)
Nicht nur interaktive, sondern auch personelle Vermittlung erwartet die Besuche*innen der neuen Museen. Die sogenannten "Bauhaus Aktöre" schlüpfen in verschiedene Rollen und machen somit das Bauhaus erfahrbar. Als Handwerksmeister*in, Wissenschaftler*in, Architekturstudent*in oder Fotograf*in erzählen die Schauspieler*innen des Jugendtheaters stellwerk weimar e.V. Geschichten und beantworten Interessierten Fragen rund um das Bauhaus. Immer sonntags sind drei der Bauhaus Aktöre an farblich gekennzeichneten Orten im Bauhaus-Museum anzutreffen. Zusätzlich bietet die von den Agent*innen mit entwickelte App Bauhaus+ die Möglichkeit, die Museen über eine Audiotour zu erforschen.
Mit dem Vermittlungstool "Bauhaus Bag", das am Bauhaus-Museum ausgeliehen werden kann, können Kinder zwischen 6 und 12 Jahren auf Entdeckungstour im Stadtraum gehen, spannende Geschichten erfahren und Experimente durchführen. Neben dem Besucherausweis enthalten die Bauhaus-Rucksäcke diverse Materialien zum Erleben und Entdecken, zum Beispiel ein Sprachrohr, eine Lampe oder eine Maske. Die Bauhaus Agent*innen unterstützten ein Team der Klassik Stiftung Weimar bei der Entwicklung dieses durch die Thüringer Staatskanzlei geförderten Tools.
Seit Beginn der Museumskonzeption stehen die Besucher*innen im Zentrum des Vermittlungsprogramms – auch nach der Eröffnung. Die von den Agent*innen entwickelten Angebote werden kontinuierlich weitergedacht und ergänzt, sodass sich Besucher*innen auch in Zukunft auf neue und spannende Projekte können.
LCR 2019