Leuchtendes Schiff in schwerer See
Das Haus Schminke im Spiegel des zwanzigsten Jahrhunderts

Frank Seibel

Wie schön dieses Haus ist! Wie heiter, leicht, licht, klar – und praktisch. Das Haus Schminke in der sächsischen Kleinstadt Löbau im südöstlichsten Zipfel von Deutschland zählt zu den weltweit wichtigsten und schönsten Privathäusern aus der Epoche Klassische Moderne. Eine mittelständische Unternehmerfamilie, der Nudelfabrikant Fritz Schminke und seine Frau Charlotte, hat es sich zu Beginn der 1930er-Jahre von einem der außergewöhnlichsten Architekten der Moderne bauen lassen: Hans Scharoun.

Wer dieses Haus sieht, erkennt sofort, warum die Einheimischen das ungewöhnlichste Haus im Stadtgebiet und weit darüber hinaus seit jeher liebevoll "Nudeldampfer" nennen. Und wer es betritt, vergisst unwillkürlich, dass er gerade mit etwas in Berührung kommt, was doch vielen als eher befremdlich erscheint: moderne Kunst. Daher kommen Menschen aus vielen Ländern hierher, um ein Feuerwerk genialer Einfälle zu erleben: Schiffsreling und Bullaugen, Türklinken, die man mit vollen Händen öffnen kann, eine der ersten Einbauküchen, Fenster, durch die Kinder beim Spielen heraus- und hineinkrabbeln konnten. Und Räume, die jeden Lichtstrahl auffangen. Bewegt und widersprüchlich waren die Zeiten, in denen es erdacht und belebt wurde. Das Haus Schminke ist ein Faszinosum, und die Geschichte dieses Hauses und der Menschen, die es schufen und in ihm lebten, ist unglaublich facettenreich, groß und durchaus nicht ohne Widersprüche.

Leuchtendes Schiff in schwerer See will und kann nicht mehr sein als eine Einführung und Hinführung, die Türen zu einer Welt von gestern öffnet, die noch heute unglaublich aktuell und deren kulturelle Kraft bis heute zukunftsweisend ist. Allerdings werden auch hier individuelle, soziale und politische Dramen sichtbar, wie sie Deutschland im Zwanzigsten Jahrhundert geprägt haben. Kühne Zukunftsträume und gesellschaftliche Utopien stehen neben persönlichen und umfassenden Katstrophen, Siege neben Niederlagen, Hoffnungen neben Enttäuschungen.

Das Buch stellt die Architektur, den Architekten und die Lebensgeschichten der Oberlausitzer Unternehmerfamilie vor und ist eine Einladung dieses Denkmal der modernen Kunst auch einmal selbst zu erleben.

2017, edition Sächsische Zeitung, Zittau
88 Seiten, Broschur
Deutsch/Englisch (zweisprachig)
ISBN 978-3-00-053995-4

  • Vorwort, S. 4
  • Ein Juwel in der Provinz, S. 6
  • Die Zeit zwischen beiden Weltkriegen, S. 12
  • Die Bauherren-Familie, S. 16
  • Der Geist der Zeit und die Suche nach dem idealen Haus, S. 22
  • Grundfragen des Wohnens, S. 26
  • Pluralismus der Moderne, S. 28
  • Der Architekt: Hans Scharoun, S. 32
  • Die Entstehung des Hauses, S. 46
  • Der „Nudeldampfer“, S. 50
  • Ein Lichtschiff für Kinder, S. 56
  • Einfach raffiniert, S. 58
  • Der Garten, S. 62
  • Aufbruch und Umbruch, S. 64
  • Leben im Nationalsozialismus, S. 66
  • Das bunte Haus in der braunen Ära, S. 72
  • Nach dem Krieg, S. 76
  • Neustart und getrennte Wege, S. 78
  • Das Löbauer Haus nach der Ära Schminke, S. 82
  • Und was wurde aus der Nudelfabrik?, S. 86
  • Quellen/Bildnachweis/Impressum, S. 88

  • Frank Seibel
Leuchtendes Schiff in schwerer See. Das Haus Schminke im Spiegel des zwanzigsten Jahrhunderts, Cover, 2017.
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