Ruhr-Universität Bochum
Erbauung
- 1964 — 1974
- Helmut Hentrich, Hubert Petschnigg
Überformung
- 2003 — 2006
Mit großer Symbolkraft wurde 1965 nach nur 18 Monaten Bauzeit (für die Gebäude der Ingenieurwissenschaften) die Ruhr-Universität in Bochum eröffnet. Der von Hentrich, Petschnigg & Partner bis 1974 vollständig realisierte Baukomplex vereint Fakultäten, Hörsäle, Mensen und Wohnheime für Tausende Studierende. Er gehört zu den Klassikern des Brutalismus in Deutschland. Die Ruhr-Universität, die erste Hochschulneugründung in der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg, sollte die traditionelle Arbeiterregion des Ruhrgebiets für die akademische Lehre öffnen, sie steht damit beispielhaft für den bildungspolitischen Neubeginn der Nachkriegsjahre.
In Anlehnung an das Humboldtsche Bildungsideal war in Bochum neben der Einheit von Forschung und Lehre die Gleichwertigkeit aller Fakultäten vorgesehen, was sich auch baulich ausdrücken sollte. Nach einem Ideenwettbewerb 1962 mit insgesamt 85 eingereichten Entwürfen wurden die Architekten des Büros Hentrich, Petschnigg & Partner mit dem Bau beauftragt.
Auf einem rund 400 x 900 Meter großen Areal südlich der Stadt, am Rand einer Anhöhe über dem Kemnader See, entstand der Baukomplex buchstäblich aus dem Nichts. Ein einheitliches Rastermaß der Gebäude und die Skelettbauweise erlaubten eine schnelle Ausführung, die Betonfertigteile wurden direkt auf der Baustelle im industriellen Gussverfahren hergestellt. Statt isolierter Einzelbauten entstand ein geschlossener Campus, auf dem sich in vier symmetrischen Komplexen ursprünglich 13 Hauptgebäude um Mensa, Audimax, Bibliothek und das Forum der Universität gruppierten. Die Fassaden bestehen durchweg aus Sichtbeton, einem damals hochmodernen Werkstoff. Die Gestaltung lebt vom Kontrast zwischen Flachbauten und hohen Institutsgebäuden, großen fensterlosen Flächen und eher filigranen Brücken, Brüstungen und Balkonen, die den gesamten Komplex durchziehen.
Der Baukomplex zeugt vom Fortschrittsoptimismus jener Zeit. Der wissenschaftlichen Lehre bietet die Ruhr-Universität einen symbolischen Hafen, in dem die einzelnen Gebäudeteile wie Schiffe verankert sind. Mit 20 Fakultäten für über 43.000 Studierende deckt die Ruhr-Universität das gesamte Spektrum der akademischen Disziplinen ab. Seit 2015 steht der Baukomplex unter Denkmalschutz. Er wird seit 2007 sukzessive erneuert – bis Ende 2018 wurde etwa ein Drittel des ursprünglichen Bestandes saniert, einige Gebäude mussten jedoch abgerissen und durch Neubauten (u. a. von Gerber Architekten) ersetzt werden, zudem entstanden bzw. entstehen weitere neue Forschungsbauten. [DB]